Kurzfassung

DREIKLUFT, A. (1996): Die fazielle Entwicklung des kontinentalen Tertiärs in den Becken von Medina de Pomar und Miranda-Trevino (Nordspanien): Alluviale Fächer, "braided river", lakustrin-palustrine Abfolgen und Paläobodenbildung.- Freiburger geowissenschaftliche Beiträge, 10, XXVI + 473 S.

Das Untersuchungsgebiet umfaßt die beiden, N´ des Ebro-Beckens gelegenen, Tertiärbecken von Medina de Pomar und Miranda-Treviño in N-Spanien (Provinzen Burgos und Alava/Araba) und stellt einen faziell hochdifferenzierten, kontinentalen Sedimentationsraum dar (Abb. 1). Ein 900 km² großes Areal wurden, basierend auf 58 Profilen mit einer Gesamtlänge von über 20.000 m, lithologisch kartiert.

Mit Hilfe von Luftbildauswertung, Mikrofaziesanalyse, Paläoboden- horizonten, Paläoseeabfolgen und tektosedimentären Megazyklen wurden die Profile korreliert, ein dreidimensionales Sedimentationsmodel der Becken erstellt und die paläogeographische und fazielle Entwicklung geklärt, die wiederum Aussagen über die tektonische Entwicklung des S´ Basko-Kantabrischen Beckens (Hebungs-, Subsidenzphasen, Halokinese und reaktivierte Basementstörungen) ermöglicht.

Die Sedimente beider Becken konnten in insgesamt 22 Lithofazieseinheiten untergliedert werden, die zu 11 Faziesassoziationen zusammengefaßt wurden:

Über die paläogeographische Rekonstruktion konnten 4 tektosedimentäre Zyklen differenziert werden (Abb. 2). Im mittleren Eozän endet die Subduktion in der Biskaya mit einer Kontinent-Kontinent-Kollision zwischen Europa und der Iberischen Halbinsel (GRIMAUD et al. 1982). Das tropische Ilerdmeer zieht sich nach NW zurück und es bildet sich lokal eine "braided plain" aus (Abb. 2/A und 2/B). Darüber entwickelt sich im Randsenkenbereich des Diapirs von Salinas de Rosío ein großer, tiefer, geschichteter, hydrologisch geschlossener See. Marginal bildet der aufsteigende Diapir von Salinas de Rosío ein Fan-Delta aus (Abb. 2/C). Final verlandet der See. Die sich verschiebenden Uferlinien zeigen pulsierende Salzbewegungen und klimatische Schwankungen an (1. Zyklus: Tektonisch initiierte halokinetische Bewegungen). Die Ufervegetation war dicht, das Klima warm, subhumid.

An der Grenze Eozän/Oligozän folgt die terminale Hebung der Pyrenäen, gleichzeitig invertiert das Ebro-Hoch zu einem Vorland- Becken (RIBA et al. 1983) und beide untersuchten Becken werden als "piggy-back"-Becken auf Keupersalinar auf das sich absenkende Ebro-Becken aufgeschoben. Die Randsierren werden gehoben und ge- faltet, es bilden sich in beiden Becken randlich mindestens 9 alluviale Fächer die transversal in die Becken entwässern und eine Mächtigkeit bis 1500 m erreichen (Abb. 2/D). An den Diapiren im Beckenzentrum entwickeln sich fluviatile Systeme, die in entgegengesetzter Richtung gegen die Beckenränder sedimentieren (2. Zyklus: 1. Hebungs- und Faltungsphase, langanhaltende Bewegungen). Während des Eozän/Oligozäns vollzieht sich im Ebro-Becken ein Klimawechsel von subhumid nach semiarid/arid. Die S´ alluvialen Fächer zeigen eine intensivere Paläobodenbildung unter einem feuchteren Klima, als die N´ gelegenen alluvialen Fächer und dokumentieren folglich eine zeitlich frühere, diachrone Hebung der S´ Randsierren im Kollisionsbereich Ebro-Becken - Randbecken.

Während des Oligozäns bildet sich ein verflochtenes Flußsystem mit untypisch extrem hohen "overbank"-Sedimentmächtigkeit aus, die auf hohe Subsidenzraten schließen lassen. Die Entwässerung verläuft longitudinal, beckenachsenparallel in E´ Richtung. Es legt sich ein "Paläo-Ebro" an, der sich in die aufsteigende Sobrón- Antikline einschneidet. Im N bleibt der alluviale Fächer von Quintanilla la Ojada weiterhin an der Sockelstörung von Losas aktiv. In den Beckenzentren legen sich unterschiedlich große, flache, ephemere, holomikte Seen an. Die Seen im Becken von Miranda-Treviño werden durch eine salinare Schwelle voneinander getrennt. Kleinere "floodplain"-Seen sind als flache niederenergetische Tümpel, oder hochenergetische Durchflußseen mit einer Onkoid- und Algenfilamentflora ausgebildet. Das Klima war semiarid (Abb. 2/E).

Nach einer weiteren Hebungs- und Faltungsphase werden im unteren Miozän erneut grobe Schotter mit einer Mächtigkeit von bis zu 250 m abgelagert (3. Zyklus: 2. Hebungs- und Faltungsphase) (Abb.2/F). Final werden sie tektonisch verstellt und leicht verfaltet (4. Zyklus, Obermiozän ?).

Die unterschiedlich ausgebildeten Megazyklen in den alluvialen Fächern belegen eine Überlagerung von Kompressionstektonik mit resultierenden unterschiedlich starken Hebungsphasen im Hinterland und Subsidenzphasen im Becken, Reaktivierung von Basementstörungen (Sockelstörung von Losas) und lokale halokinetische Bewegungen (Diapirismus, Salzkissenbildung). Nur der beckenweit korrelierbare, basale progradierende Zyklus in fast allen alluvialen Fächern könnte klimatisch bedingt sein. "En echelon"- Faltung in den Randsierren, Basementstörungen und ein salinarer Abscherhorizont lassen "strike-slip"-Bewegungen an den Beckenrändern vermuten. Am Südrand des Beckens von Miranda-Treviño kommt es aufgrund von Halokinese (und "strike-slip"-Bewegungen ?) zu massiven Abschiebungen von über 1000 m, trotz einer über- regionalen kompressiven Tektonik. Die Beckensubsidenzrate ist hoch.

In den klastischen Sedimenten konnten eine Vielzahl von Paläobodenanzeigern differenziert werden: Orgelförmig- prismatische Calcrete, Pulver-Calcrete, Kalkkonkretionen, Septarien, Pisoide, Wurzelkonkretionen, "root-casts", Microcodium, sekundäre Mikritisierung, Marmorierung, unterschiedliche Hohlraumgefüge, Peloidalgefüge, Alveolarstrukturen, "corroded grains". Auch die lakustrin-palustrinen Abfolgen zeigen mit Pseudomikrokarst, Microcodium, Pisoiden, unterschiedlichen Hohlraumgefügen, Marmorierung, orgelförmig-prismatischen Strukturen eine pedogene Überprägung.

Großräumig konnten 4 Paläobodenabfolgen differenziert werden. Die variierenden Uferzonen des Diapirrandsenkensees zeigen eine erste massive pedogene Überprägung. Der See verlandet zum Top und es bildet sich in der distalen "floodplain" die 2. Paläobodenabfolge mit über 70 Kalkkonkretions- und Septarienhorizonten aus. An der fast immer progradierend ausgebildeten Basis der alluvialen Fächer ist eine beckenweite pedogene Überprägung zu erkennen (3. Paläobodenabfolge). Darüber entwickelen sich lokal mehrstöckige Calcrete-Abfolgen mit einer lateralen Erstreckung von bis zu 10 km (4. Paläobodenabfolge). Der überwiegende Teil der "overbank"- Sedimente zeigt schwach ausgebildete, ungeschichtete Paläoböden, die in inaktiven Zonen der distalen "floodplain" gebildet wurden, aber nicht korrelierbar sind.

In den Silten, Sandsteinen, Konglomeraten und lakustrinen Kalken konnten unterschiedliche Bodenbildungsstadien differenziert werden. Während in den Silten und feinkörnigen Sandsteinen alle Übergänge von ungeschichteten Böden mit schwacher grauer und bunter Marmorierung bis zu massiven, bis 4 m mächtigen Calcrete- Profilen aufgeschlossen sind, fehlt in den groben Sandsteinen und Konglomeraten ein Bindeglied zwischen schwacher und massiver pedogener Überprägung.

Zwischen Paläorelief und Paläobodenausbildung konnte ein direkter Zusammenhang erkannt werden (Abb. 3). Im zentralen Fächerbereich können sich aufgrund der hohen Sedimentations- und Erosionsraten keine Böden ausbilden. Im mittleren Fächerbereich sind schwach entwickelte, ungeschichtete Böden anzutreffen. Sehr selten können sich lokal in inaktiven Fächerzonen massive Calcrete-Abfolgen bilden. Im äußeren Fächerbereich legen sich massige, mehrstöckige Calcrete-Profile an. In den Beckenzentren bilden sich weitverbreitete Paläoböden (Kalkkonkretions-, Septarienhorizonte und voll entwickelte Calcrete) aus, die oft mit Paläoseen assoziiert sind.

Im Untersuchungsgebiet konnten subhumide und semiaride Böden differenziert werden. Paläoklimatisch bestätigt sich ein Klimawechsel von subhumid nach semiarid bis arid in der Zeit vom Eozän in das Miozän. Foraminiferen in den Sandstein- und Konglomeratbänken (bis zu 15% innerhalb eines Dünnschliffes) stellen umgelagerte marine Faunen aus dem Alttertiär und der Oberkreide dar, die trotz ihres aquatischen Transports in den hochenergetischen fluviatilen Rinnen nicht zerstört wurden. Das Vorkommen von marinen Oberkreide- und Alttertiär-Foraminiferen in kontinentalen Sedimenten des Oligomiozäns demonstriert die Gefahr einer zeitlichen und faziellen Mißdeutung von kontinentalen Sedimenten.

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