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Der Nordhelvetische Flysch zwischen Pte. des Martinets und Croix de Javerne, Kanton Waadt, Westschweiz 1


Kurzbeschreibung

Im Arbeitsgebiet an der Ostflanke des Rhônetals zwischen Martigny und Monthey sind drei der großtektonischen Einheiten der Schweizer Alpen aufgeschlossen: Aiguilles-Rouges-Gneis und seine autochthone, sedimentäre Bedeckung als Teil der Autochthonen Massive im Liegenden, und der inverse, liegende Schenkel der isoklinal gefalteten Morcles-Decke als Teil der Helvetischen Decken im Hangenden. Zwischen diesen beiden Einheiten eingeschaltet ist Nordhelvetischer Flysch.

Die Gesteine des Aiguilles-Rouges-Massivs (Trias bis Kreide) und der Morcles-Decke (Kreide und Tertiär) werden nach lithologischen Kriterien kartiert und beschrieben. (Karte und Legende)
Der zwischengelagerte, tertiäre Nordhelvetische Flysch wird nach sedimentologischen, tektonischen und petrographischen Merkmalen untersucht und kann aufgrund der Sedimentologie zweigeteilt werden:
Er besteht im morphologisch unteren Bereich aus mittel- bis dickbankigen Turbiditen, deren Korngrößen hauptsächlich im Bereich von mittel- bis sehr grobkörnigem Sand liegen.Diese Turbidite werden als Ablagerungen in einem Lower Fan Bereich nach Walker (1978) interpretiert. Aufgrund ihrer Petrographie und Sedimentologie handelt es sich wahrscheinlich um einen Teil des Members Grès du Val d'Illiez.
Der morphologisch obere Bereich des Flyschs besteht aus laminierten bis maximal mittelbankigen Mergel-Feinsandstein-Wechselfolgen. Diese Ablagerungen werden als Turbidite aus einem Grenzbereich Lower Fan/Basin Plain nach Walker (1978) oder Lobe-Fringe-Fazies nach Mutti (1977) interpretiert, einige Bereiche anhand ihrer charakteristischen Sedimentologie auch als Contourite.
Der obere Bereich des Flyschs folgt konkordant über den tertiären Morcles-Kalksteinen und wird deshalb der Morcles-Decke ("Morcles-Flysch") zugeordnet. Auch die Contourite sind somit im Sedimentationsraum der Morcles-Decke ("Morcles-Becken") entstanden, der vermutlich ursprünglich nur wenig weiter südlich zwischen Aiguilles-Rouges-Massiv und Mont-Blanc-Massiv lag.

Für die Platznahme des Flyschs auf dem Aiguilles-Rouges-Massiv werden hier zwei verschiedene Modelle vorgeschlagen:
In Modell 1 wird der Grès du Val d'Illiez als autochthoner Flysch interpretiert, der in einem frühen Stadium des Molasse-Beckens nach NW geschüttet wurde. Der mittlere Bereich des Flyschs bildet die Überschiebungszone der Morcles-Decke. Der obere Bereich des Flyschs ("Morcles-Flysch") wurde durch die isoklinale Faltung der Morcles-Decke tektonisch auf den Grès du Val d'Illiez gelagert.
In Modell 2 wird zunächst der Morcles-Flysch und anschließend der Grès du Val d'Illiez im Morcles-Becken abgelagert und später gemeinsam auf das Aiguilles-Rouges-Massiv überschoben. Die gesamte Abfolge des Flyschs entspricht in diesem Fall der Val d'Illiez Formation (invers liegend); autochthoner Flysch des Aiguilles-Rouges-Massivs fehlt.
Unklar bleiben in beiden Modellen die Ursache und Richtung der Bodenströmungen im relativ begrenzten Morcles-Becken, die zur Ausbildung der Contourite führten.


Literatur:

MUTTI, E., 1977. Distinctive thin-bedded turbidite facies and related depositional environments in the Eocene Hecho Group (South-central Pyrenees, Spain). Sedimentology, 24: 107-131.

WALKER, R.G., 1978. Deep-water sandstone facies and ancient submarine fans: Models for exploration for stratigraphic traps. AAPG Bull., 62/6: 932-966.


1PREUSCHE, Ch., 1994. Der Nordhelvetische Flysch zwischen Pte. des Martinets und Croix de Javerne, Kanton Waadt, Westschweiz. Unveröff. Dipl.-Arb., Geol. Inst. Univ. Freiburg, 94 S.


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