Steinmann in Freiburg

aus: Pfannenstiel, M. (1957): Zur Geschichte der Geologisch-Mineralogischen Sammlungen der Universität Freiburg i. Br.- In: Zentgraf, E. (Hrsg.): Aus der Geschichte der Naturwissenschaften an der Universität Freiburg i. Br.- 77-96, Freiburg i. Br. (Eberhard Albert Universitätsbuchhandlung).

Steinmann
kommt nach
Freiburg
Die Fakultät berief nun im Jahre 1886 Gustav STEINMANN (geb. 9. April 1856, gest. 7. Oktober 1929). Er kam von Jena und ging 1906 nach Bonn. Mit STEINMANN kam die geistige und materielle Fülle in das Geologische Institut. Ein Paläontologe von Format, der erste in Freiburg, ein Reisender von Ruf zog ein. Er war in den Pampas von Argentinien gewesen, in den Kordilleren von Chile und Bolivien, ehe er nach Freiburg kam. Während seiner hiesigen Jahre besuchte er geologisch Argentinien, Bolivien, Peru, Frankreich, England, Italien, die USA, den Ural, die Alpen und die Pyrenäen. Die regionale Geologie wurde auch zum ersten Male von diesem Geologen von Weltruf in Freiburg betrieben. Unmöglich, alle Gedanken und Ergebnisse dieses gottbegnadeten Forschers aufzuzählen. Seine Rednergabe, seine Intuition waren einmalig. Er sah es einem Granit an, ob er karbonischen oder tertiären Alters sei. Sein Lehrbuch über Paläontologie ist heute noch modern, und seine "Grundlagen der Abstammungslehre" behalten den dauernden Glanz wie GAUDRY'S "Transformation du monde animal". Seine Schüler wie sein Diener, der alte BORNEMANN, verehrten ihren Chef und liebten den feurigen Mann. Jedes Fossil, das er beschrieb, mußte mehrfach in der Sammlung vertreten sein. Er sammelte, tauschte und kaufte wie ein passionierter Briefmarkensammler unserer Tage. STEINMANN war der ZITTEL Freiburgs. Merkwürdig, Karl Alexander v. ZITTEL, dem der König von Bayern den persönlichen Adel ob seiner hervorragenden Verdienste um die Paläontologie verlieh, war der Sohn des evangelischen Pastors von Bahlingen am Kaiserstuhl. ZITTEL kam nie nach Freiburg. Aber im Ausgleich kam STEINMANN. "Unser STEINMANN" dürfen wir mit Stolz sagen.

Neubau der
Institute in
Freiburg und
Bonn
Mit STEINMANN beginnt für mich die persönliche Tradition. Kurz vor seinem 1929 erfolgten Tode kam er nochmals nach Freiburg und hielt in der "Naturforschenden Gesellschaft von Freiburg" einen Vortrag. Er berichtete den Jüngeren, wie er um die Jahrhundertwende das neue Geologisch- Paläontologische Institut nach seinen Plänen in der Hebelstraße 40 erbaut bekam. Als er 1906 nach Bonn ging, baute er das dortige Institut in der Nußallee 2 nach dem Vorbilde des Freiburger Institutes. Indessen, sagte STEINMANN, seien die Abweichungen des Bauplanes, die als Verbesserungen gedacht gewesen waren, nicht so vorteilhaft gewesen.

Engagement in der regionalen Geologie.

 

Der Alpengeologe

STEINMANN führte dann die geologischen Exkursionen als ein wesentliches Lehrelement ein. Er selbst schrieb mit GRAEFF zusammen den "Geologischen Führer der Umgebung von Freiburg i. Br." (1890), gewissermaßen den kondensierten Niederschlag seiner Lehrwanderungen mit den Studenten. Der Schönberg, der geologische Hausberg der Freiburger Geologen, wurde im Maßstab 1 : 25 000 auf dem Blatt Hartheim-Ehrenstetten aufgenommen. Jahrelang war STEINMANN der Vorsitzende der "Naturforschenden Gesellschaft" und gab die "Berichte" der Gesellschaft heraus, welche viele seiner eigenen und seiner Schüler Arbeiten enthält. Unter STEINMANN blühte das Institut auf und wurde groß und bekannt. Die freundschaftlichen Beziehungen mit dem Auslande und den benachbarten Universitäten wurden ausgebaut. Ich erinnere nur an das große, alljährlich stattfindende Colloquium mit den Baseler Kollegen. Es ist nicht möglich, alle Einzelheiten des segensreichen Wirkens STEINMANN'S in Freiburg aufzuzählen. Als sein Tod 1929 bekannt wurde, hielt ihm der Schweizer Kollege Prof. BUXTORF im Colloquium in Basel die Gedenkrede, und sprach darin STEINMANN als einen der modernen Initiatoren der Alpengeologie an.


5. Juli.1998, Ch. Lindenbeck